Blick in die Zukunft aus der Vergangenheit

Seit sehr langer Zeit habe ich mit dem Buch „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley beschäftigt. Das hört sich viel zu hochtrabend an, ich habe es als Hörbuch konsumiert. Vor über 30 Jahren hatte ich es bereits gelesen und es hat mich eigentlich nie losgelassen. Es gehört wie 1984 von George Orwell zu den Büchern die eine mögliche Zukunft beschreiben. Im Gegensatz zu 1984 die insbesondere durch Ihre Düsternis die Zukunft beschreibt, ist es bei Aldous Huxley deutlich farbenfroher, aber aus meiner Sicht eben auch nicht besser.

Wenn man das Buch heute liest oder hört, dann fällt auf, dass der Autor Dinge vorausgesehen hat, die es 1932 so noch nicht gegeben hat und Dinge die längst zu unserem Leben dazugehören eben nicht vorhergesehen hat. Für den Inhalt, Sinn und die Struktur der Geschichte die der Autor erzählen will ist das aber eigentlich unwichtig. Trotzdem finde ich Aldous Huxley „Voraussicht“ ziemlich beeindruckend.

„Schöne neue Welt“ beschreibt eine Welt die Harmonie verspricht, bei völliger Unfreiheit – die aber dem einzelnen so nicht vorkommen. Es gibt genug zu konsumieren (die Maslowsche Bedürfnishierachie ist zu mindestens und scheinbar bis zur Selbstverwirklichung erfüllt), es gibt Sex und vermeintliche Freiheit. Die Menschen sind in Kasten eingeteilt und dienen der Gemeinschaft (jeder gehört allen). Jedes Individuum wird gezüchtet, konditioniert bereits im Brutkasten und nicht gezeugt, ausgetragen und von elterlicher Fürsorge erzogen. Und selbstverständlich gibt es auch einen göttlichen Urvater – nämlich Ford. Die schlimmsten Schimpfwörter sind Mutter und Vater. Beliebigkeit ist das erstrebenswerte Weltbild, bloß nicht zu tief denken, fühlen und handeln – keine Bindung zum Einzelnen nur zu Allen – Oberflächlichkeit in aussehen und handeln, als Überlebensgarantie für unsere Spezies.

Was Aldous Huxley nicht vorausgesehen hat oder evtl. auch anders sehen wollte ist der hohe Grad der Automation heute. So gibt es die Y und G Kaste die für die einfachen Arbeiten da sind. Unabhängig davon, dass der Gedanke an menschliche Wesen, die in ihrer Entwicklung bereits im Brutkasten und früher gehemmt werden um dumme, nützliche Arbeiter zu erzeugen pervers ist – so ist dieser Grundgedanke Unsinn, wenn man den heutigen Automatisierungsgrad kennt.

Für die Geschichte ist es trotzdem wichtig, denn es zeigt, was der Autor dem Menschen zutraut.

Andererseits bei dem was wir Menschen uns alleine in den letzten 100 Jahren zugefügt haben an Leid und Elend so könnte die Zukunftsvision von „Schöne neue Welt“ für den ein oder anderen schon verlockend sein. Alles ist geregelt und jeder und alles wird beschützt. Der Mensch braucht sich um nur weniges Gedanken zu machen und statt eines großen Diktators gibt es die Weltcontroller die alles regeln. Und selbst die belügen sich nicht selber, sondern erkennen sehr wohl wenn Freiheit und sinnvolle Gedanken zu Papier gebracht werden, verhindern dann aber gleichwohl die Veröffentlichung solcher Gedanken um das Gesamtkonstrukt der neuen Weltordnung nicht zu gefährden. Und hat man mal Kummer und Sorgen, dann nimmt man die Droge Soma und alles wird gut.

Da es bei der neuen Weltordnung auch um Konsum geht (nichts reparieren alles ersetzen und kaufen) ist an die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Welt gedacht. Wenn man an den heutigen Textilkonsum denkt – könnte man schon Parallelen zur heutigen Zeit entdecken (und nicht nur da).

Und auch wenn mancher das als schöne Vision sehen könnte so – ist es das m.E. natürlich nicht, denn die individuelle Freiheit ist dahin – erstickt schon in der Petrischale – konditioniert und nicht mehr frei. Aber das macht uns Menschen ja gerade aus.

Fazit:

Das Buch ist eine absolute Empfehlung, wer nicht bereits in der Schule oder aus reinem Interesse auf das Buch gestoßen ist, der sollte es ebenso wie 1984 von George Orwell lesen. Die Geschichte ist verpackt in dem Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen, Männern und Frauen und politischem Rahmen – dabei lässt er, der Autor einiges offen und beendet das ein oder andere brutal. Ausgezeichnet. Vielleicht überlegt sich der Leser dann ob so manches was für uns heute selbstverständlich scheint oder von Politikern an Überwachung und Eingriff zum Schutz der Gesellschaft gefordert wird, wirklich so erstrebenswert ist, wie es der ein oder andere suggerieren will. Immer frei nach dem Zitat „Das Buch ist eine Warnung und keine Anleitung“.